
Startschuss

Ende April diesen Jahres ging’s also los mit den ersten Handgriffen. Zu Beginn war da die Kopfarbeit. Blogs lesen, Videos schauen, sich erste Gedanken und Notizen machen, das Maßband schwingen und erste Einkäufe tätigen. Freud und Leid war, dass ich möglichst wenig vorab skizzieren wollte, um direkt während des Schaffens Pläne zu schmieden und Gedanken direkt umzusetzen.
Hat sich dann als nicht ganz so taktisch klug herausgestellt, funktioniert hat’s dennoch – doch dazu später mehr.
Stephan hatte den Bus bereits ausgebaut: Fächer, einen Schrank, Gasherd, Platz für eine Kühltasche und ein großer Tisch. Der Originalboden war noch drin, samt schweren Metallschienen und Rückbank, die sich zum Schlafen umklappen ließ.
So schmerzlich das auch klingen mag, aber es half nix:
Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, den Bus selber auszubauen und es war mir wichtig, zu wissen, wie der Unterboden aussah. 30 Jahre gesalzene Winterstraßen gehen selbst an so einem Traktor nicht rostlos vorbei.
Also: Erstmal alles raus und ‘ne Bestandsaufnahme machen. Raus-bauen geht schnell und hat im ersten Schuss Freude bereitet – die ersten wärmeren Sonnenstrahlen waren auch mit dabei, was die Aufbruchstimmung unterstützte. Es stellte sich dann flott heraus, in was für ein Unterfangen ich mich da begeben hatte: Sah man beim Rausschrauben des bisherigen Ausbaus noch zügig, dass man etwas geschafft hatte, folgten Wochen des mühevollen Putzens – die erste Sisyphos Aufgabe: alles, was das spätere Aufbringen der selbstklebenden Isolierung verhindern würde, entfernen oder kurz: sauber machen und alten Lack abschleifen, was das Zeug hält.
Eines fiel mir recht früh auf: Rost! An drei größeren Stellen war der Unterboden komplett durch und man konnte direkt auf die Straße schauen. Macht’s jetzt überhaupt noch Sinn, weiter so viel Zeit und Mühe zu investieren? Ja klar!
Dieser erste Schock für mich, der ich Rost in solchen Dimensionen nur als ritterliches Kinderbuch kannte, war nach langen und erfolglosen Telefonaten mit Karosseriebauern schlussendlich behoben. Denn dann kam Traugott. Ein urschwäbischer Kapo der Karosserie-Gilde Mercedes’, im wohl verdienten Ruhestand. Mit einer Werkstatt, wie man sie sich nur erträumen kann; mit Köpfchen (quasi „a Käpsele“), “a Gosch” und Herz am rechten Fleck.
Innerhalb von einer knappen Stunde waren neue Bleche zugeschnitten, gefalzt und verschweißt.
Jetzt noch kleine Roststellen mit Rostumwandler behandeln, dann Grundierung drauf, mit Rostschutzfarbe lackieren und nach einem guten Monat konnte es Mitte Mai dann also endlich losgehen mit dem Ausbauen – und das zog sich mit allen Unwägbarkeiten bis Ende September.
Ich werde den Umbau an sich noch separat und ausführlich beschreiben, sollte sich der ein, oder die andere für die Strapazen eines solchen aufregenden, spannenden, schönen und dennoch zehrend aufbrausenden Unterfangens interessieren.
Der träumerische Plan, im Sommer in noch wärmere Gefilde zu fahren und mir dann in der Sonne und unter klarem Sternenhimmel bewusst zu werden, wohin ich die Zukunft führen, bzw. zumindest Einfluss auf sie nehmen kann, blieb also erstmal ein Traum.
Geplant war das ungefähr so: Bis Mitte des Sommers eben mal den Bus so ausbauen, dass man schlafen, kochen, Elektronik laden und zwingender Maßen die Kaffeemühle mit Strom versorgen kann – Vanlife Essentials eben. Und dabei war ich weit davon entfernt, mich mit ineinander verschmelzenden Pastelltönen für den Kleiderschrank und Instagram anzufreunden.
Das habe ich bis heute nicht. Losgekommen bin ich trotzdem. Mit dem Wissen darum, dass die Zeit dann eben reif war, als der Bus fertig und ich ruhiger, quasi gesattelt, war. Der Bus und ich im Innen, wie im Äußeren: Welch Sinnbild der Ausgeglichenheit! So waren “wir”, also im Oktober, auf- und umbruchsbereit und es ging los.
Eines ist mir jedoch in den letzten Jahren klar geworden: Alles, was zu einem kommt, einem widerfährt, sich querstellt und gelöst werden will, hat zur Folge, dass man Hürden in Zukunft noch besser nehmen kann und bedachter, ruhiger und souveräner werden darf.
Also kein Grund zur Panik, denn nun ging es also wirklich los – während es ja schon die ganze Zeit losgegangen ist. Nur halt immer mit irgendwas anderem.
Der Aufbruch:
Wieso also sollte sich da einer Mitte Oktober aufmachen, in den kalten Norden Deutschlands los düsen, um dann von dort aus gen Süden zu fahren?
Denn das wollte ich schon noch vor der Fahrt in den Süden: Menschen, die ich in den letzten Jahren haptisch „verloren“ hatte, besuchen. Mal wieder hallo sagen, Stimmungen und Gefühle einfangen – neue, bekannte, verloren gegangene. Von München durch Deutschland bis nach Kiel und dann wieder in den Süden.
So viel es ging an Emotionalität wieder Aufbauen und mit auf eine lange Reise nehmen!